Auf großer Fahrt – 75 Jahre Opel Kapitän.

29.04.2013

 

 Rüsselsheim. Vor 75 Jahren ergänzt die Adam Opel AG ihre Produkt-Palette durch einen weiteren Dienstgrad. Als Vertreter der gehobenen Mittelklasse reiht sich der 1938 vorgestellte Opel Kapitän zwischen dem populären Kompakt-Modell Kadett sowie dem repräsentativen Oberklasse-Wagen Admiral ein. Mit selbstragender Ganzstahl-Karosserie und moderner Antriebstechnik nimmt der als zwei- und viertürige Limousine sowie als viersitziges Cabriolet erhältliche Kapitän in dieser Wagenklasse eine technische Vorreiterrolle ein. Der modern konzipierte ohv-Reihensechszylinder, im Premierenjahr 2,5 Liter groß und 55 PS stark, wird für fünf Jahrzehnte zum Markenzeichen des großen Opel.

1948 verlässt der erste Nachkriegs-Kapitän das Werk, mit dem Wirtschaftswunder nimmt die Karriere des Opel Kapitän Fahrt auf: in den frühen sechziger Jahren gehört der mit US-amerikanischer Formensprache glänzende Kapitän zu den meistverkauften Sechszylinderwagen Deutschlands.

Eine umfassende Neuauflage folgt 1964. Nach 25 Jahren nimmt das Unternehmen wieder die Kunden von Luxus-Limousinen ins Visier: Kapitän, Admiral und Diplomat heißen die „Großen Drei“, deren schnörkelloses und geradliniges Design den Vorbildern der Mutter General Motors folgt. Erstmals bietet Opel in der Oberklasse neben Reihensechszylinder-Motoren auch V8-Triebwerke an.

Die Vertreter der zweiten KAD-Reihe von 1969 zeigen sich formal und technisch grundlegend überarbeitet und setzen in Sachen Komfort, Sicherheit sowie Wirtschaftlichkeit Akzente. Kapitän, Admiral und Diplomat verfügen über ein aufwändiges, völlig neu entwickeltes Fahrwerk. Karosserie und Innenraum sind ganz im Sinne der passiven Sicherheit konzipiert worden. Im Frühjahr 1970 endet mit dem Kapitän B die Fertigung des erfolgreichen Sechszylinder-Modells.

Wie alles begann

Im neuen Opel Kapitän bündelt die Adam Opel AG ihre Innovationskraft in einem Modell. Wie schon der wegweisende Olympia von 1935 verfügt der im Dezember 1938 vorgestellte Kapitän als erster Vertreter seiner Fahrzeugklasse in Deutschland über eine selbstragende Ganzstahl-Karosserie, die ohne tragenden Rahmen auskommt - ein bis heute gültiges Bauprinzip. Die moderne Form mit in den Kotflügeln integrierten Scheinwerfern, nach oben öffnender, einteiliger „Alligator“-Haube und angedeutetem Fließheck mit von außen zugänglichem Kofferraum folgt den stilistischen Vorbildern der GM-Modelle aus den USA.

Wie der Vorgänger Super 6 ist der Kapitän mit fortschrittlicher Motoren-Technologie ausgerüstet. Der 2,5 Liter große ohv-Reihensechszylinder, ein „autobahnfester Kurzhub-Motor“, dessen hängende Ventile über eine stirnradgetriebene Nockenwelle, Stößelstangen und Kipphebel betätigt werden, leistet 55 PS und beschleunigt den Kapitän auf eine Spitze von 126 km/h.

„Ein Wagen, der der Welt gehört“, wirbt Opel für seinen neuen Vertreter der Mittelklasse, der als zwei- und viertürige Limousine sowie als zweitüriges Cabriolet mit vier Sitzplätzen angeboten wird. Bis zur kriegsbedingten Einstellung der Produktion werden in knapp neun Monaten 25.374 Einheiten, davon 4.563 Cabrios, des Kapitän gebaut, wovon rund 13.000 Fahrzeuge ins Ausland geliefert werden.

Neues vom Opel Kapitän

Am 5. Juli 1946 läuft in Rüsselsheim die Nachkriegs-Fertigung an, der erste  Kapitän wird im Oktober 1948 gefertigt. Im Mai 1950 kündigt das Unternehmen „Neues vom Opel Kapitän“ an: Vom Vorkriegsmodell unterscheidet sich der ausschließlich als viertürige Limousine lieferbare Kapitän durch eine moderne Lenkradschaltung sowie einen überarbeiteten Innenraum.

1951 erfährt die Karosserie des Kapitän weit reichende Änderungen: die Linienführung zeigt sich repräsentativer, der Kofferraum ist gewachsen, im großzügiger verteilten Chrom spiegelt sich der Zeitgeist. Für den nun 58 PS starken Sechszylindermotor, der auch im Opel Blitz zum Einsatz kommt und diesem eine Sonderstellung auf dem Lkw-Markt garantiert, entfallen die sonst üblichen Einfahrvorschriften.

Weltlinie von heute und morgen

Mit dem Vorgänger hat der 1954 vorgestellte, neue Opel Kapitän nur noch den Motor gemeinsam, der bei gleichem Hubraum nun 68 PS leistet. Mit seiner modernen rundlichen „Ponton“-Form entspricht das neue Modell „völlig der Weltlinie von heute und morgen“, der Kühlergrill, in dessen Mitte verchromte Leisten glänzen, erinnert an ein geöffnetes Haifisch-Maul. Neben einem deutlich gewachsenen Innen- und Kofferraum besitzt der Kapitän zum ersten Mal angedeutete Heckflossen an den Enden der hinteren Kotflügel. Das Opel-Design der fünfziger Jahre ist maßgeblich vom Styling der US-Fahrzeuge geprägt und findet in Verbindung mit der sprichwörtlich zuverlässigen Technik auch im Ausland viele Freunde: über 60 Prozent der Kapitän-Produktion gehen in den Export.

1955 erhält der jetzt 71 PS starke Kapitän eine geglättete Frontpartie und markantere Heckflossen. Ein Jahr darauf verlässt der zweimillionste Opel das Werk in Rüsselsheim. Der am 9. November 1956 gebaute Kapitän trägt ein gold farben lackiertes Dach sowie vergoldete Zierteile, die Leistung des Sechszylinder-Motors ist erneut gestiegen und liegt bei 75 PS.

Zum Sommer 1957 kommt eine weitere Ausstattungs-Reihe hinzu, die zum Synonym von Wohlstand im Wirtschaftswunder wird: L wie Luxus. Vom normalen Kapitän hebt sich die L-Version unter anderem durch Einzelsitze in der ersten Reihe, besondere Stoffe, Türtaschen und Gepäcknetze, Make-Up-Spiegel in der Beifahrersonnenblende, Scheibenwaschanlage und weitere Luxus-Accessoires ab.

Ein Exponent kreativen Schaffens

Nach vierjähriger Entwicklung geht am 13. Juni 1957 der Kapitän P – das P steht für die stilprägenden „Vollsicht-Panoramascheiben“ an Front und Heck – in Produktion. Wie kein anderer Vertreter der Baureihe ist der neu gezeichnete und nach der charakteristischen Form seiner Heckleuchten benannte „Schlüsselloch“-Kapitän nach dem Vorbild US-amerikanischer Autos entworfen. Fahrwerk und Motor, der 1937 eingeführte 2.5 Liter-Motor leistet mittlerweile 80 PS, zeigen sich optimiert, erneut ist neben Standard-Kapitän eine Luxus-Version erhältlich, die am goldenen L am Kofferraumdeckel zu erkennen ist. Das bewährte Dreigangschaltgetriebe kann auf Wunsch mit einem drehzahlsenkenden Overdrive ausgerüstet werden. Opel bezeichnet den Kapitän P als „Exponent kreativen Schaffens“. Den Höhepunkt seiner Popularität erlebt der Kapitän in den Jahren 1959 bis 1963.  Der Kapitän P 2.6 besitzt neben einer komplett neuen Form mit geraden und gestreckten Linien erstmals einen im Hubraum gewachsenen Motor: Aus 2605 ccm holt das Triebwerk 90 PS, damit steigt die Höchstgeschwindigkeit auf 150 km/h. Erstmalig bietet Opel für den Kapitän eine optionale Servolenkung sowie ein Automatikgetriebe mit drei Fahrstufen an. Mit einer Stückzahl von 145.616 ist der Kapitän 2.6 der erfolgreichste Vertreter seiner Baureihe.

Für Reisende von Rang

Im Frühjahr 1964 erweitert Opel die Produktlinie durch zwei Vertreter der Oberklasse. Mit dem neuen Admiral knüpft die Marke an erfolgreiche Vorkriegszeiten an, der Diplomat ist das neue Topmodell der Marke und ein Angebot an „Reisende von Rang“. Kapitän, Admiral und Diplomat heißen die geradlinig und schnörkellos gezeichneten „Großen Drei“, wie das Unternehmen für seine repräsentativen Modelle wirbt.

Der Kapitän als Modell der gehobenen Mittelklasse markiert den Einstieg in die neu formierte Modellpalette, darüber rangiert der ebenfalls mit dem nun 100 PS starken 2,6 Liter-Sechszylinder ausgerüstete Admiral. Ein Viergangschaltgetriebe gehört zum Serienumfang. Beim Diplomat stammen Motor und Design aus Amerika: ein V8-Triebwerk mit 4,6 Litern Hubraum und 190 PS beflügelt das Flaggschiff der Baureihe und ist gegen Aufpreis auch für Admiral und Kapitän lieferbar. 113 Kapitän A werden mit dem V8-Motor gefertigt.

1965 wird der für seine Laufruhe und Zuverlässigkeit legendär gewordene ohv-Sechszylindermotor durch eine neue Konstruktion mit 2,8 Litern Hubraum, 125 PS (ab 1967: 140 PS) und seitlich im Kopf liegender Nockenwelle (camshaft-in-head, cih) abgelöst.

Form: europäisch. Formel: Technik, Technik

Die letzte Kapitän-Generation erscheint 1969. Im Vergleich zu den Vorgänger-Modellen sind die Abmessungen der repräsentativen KAD-B-Reihe geringer ausgefallen und die Sechszylinder- und V8-Triebwerke sparsamer geworden. Der Einstieg  in die neue KAD-Klasse beginnt wieder mit dem Kapitän. Dessen 2.8 Liter-Reihensechszylinder leistet 132 PS. Darüber rangiert der komfortabler ausgestattete Admiral. Der mit einer Dreigang-Automatik kombinierte 5,4 Liter-Chevrolet-V8 mit 230 PS bleibt dem 205 km/h schnellen Diplomat vorbehalten. Dieser unterscheidet sich durch senkrecht stehende Scheinwerfer und Rückleuchten von Kapitän und Admiral mit waagerecht liegenden Scheinwerfern und Lampen.

Bei der neuen KAD-Reihe handelt es sich bis auf die Motoren um eine völlige Neukonstruktion. Karosseriestruktur und Innenraum sind geprägt von passiver Sicherheit. Ein Zweikreisbremssystem-System mit Bremskraftverstärker, Scheibenbremsen an der Vorderachse und eine technisch aufwändige, schraubengefederte DeDion-Hinterachse zählen fahrwerksseitig zu den wichtigsten Neuerungen.

Ein Jahr nach dem Debüt der zweiten KAD-Generation wird die Modellpalette gestrafft: Im April 1970 entfällt der Kapitän und wird durch den Admiral L ersetzt. Die lange Erfolgsgeschichte des bekanntesten großen Opel geht nach 42 Jahren und 474.189 Einheiten zu Ende.