Opel-Korkmaschinen: Was Winzer wollen
Dass Firmengründer Adam Opel 1862 mit der Herstellung von Nähmaschinen begann und sich erst Ehefrau Sophie und seine Söhne vier Jahre nach seinem Tod dem Automobilbau widmeten, ist kein Geheimnis. Aber dass Opel ab 1885 zehn Jahre lang auch Kellerei-Maschinen produzierte und damit auf dem deutschen Markt sehr erfolgreich war, das wissen nur wenige. Adam Opel hatte auf Anregung von Winzern aus der Nachbarschaft „Kapselateure“, also Korkmaschinen, in sein Fabrikationsprogramm aufgenommen und wurde so erster deutscher Anbieter solcher Produkte. Trotz der guten Nachfrage offenbarte sich bald jedoch ein Problem: Die Korkmaschinen waren ein Saisongeschäft. Die Nähmaschinen und auch die Fahrräder, die das Unternehmen seit 1887 produzierte, sorgten dagegen das ganze Jahr über für Auslastung der Produktionsstätten. Und so verkauften die Söhne nach dem Tod Adam Opels 1895 die gesamte Fabrikation an Kellerei-Maschinen an die Opel-Mitarbeiter Blöcher und Lorenz. Die machten sich selbstständig und profitierten noch lange vom guten Ruf der „Opel-Korkmaschinen“.
Opel als Motorpflug-Pionier: Der Gigant für den Acker
Riesige stählerne Räder, davor ein gewaltiger Motor, dahinter ein ausladendes Metallskelett – was ist das? Ein Motorpflug! 1911 präsentierte Opel diese monumentale Landmaschine. Ihr Herzstück war ein neu entwickelter 60-PS-Motor mit zehn Litern Hubraum. Das Aggregat lag vor den Rädern, um ein Gegengewicht für den Fahrer und die sechs Pflugscharen dahinter zu bilden. Opel will mit dem Koloss den Landwirten eine Alternative zum Dampfpflug bieten. Denn der Motorpflug lässt sich von nur einer Person bedienen. Die Produktbeschreibung verspricht „auf mittelschwerem Boden täglich zehn bis zwölf Hektar umpflügen“ zu können. Das wäre eine enorme Arbeitserleichterung gewesen. Doch wie sich herausstellte, waren die Ackerflächen im Rhein-Main-Gebiet zu kleinteilig, um das Gerät sinnvoll einzusetzen. Die Fertigung wurde zurückgestellt, dann brach der Erste Weltkrieg aus und das Projekt wurde nicht weiterverfolgt. Was bleibt, ist die historische Besonderheit, dass Opel als eines der ersten Unternehmen der Motorenwagen-Branche ein landwirtschaftliches Fahrzeug entwickelt hat.
Drei Tonnen Nutzlast und zwei Meter Hubhöhe: Hub, Hub, Hurra!
Auf Initiative von Heinrich Müller, damals Meister der Transport-Abteilung in Rüsselsheim, entwickelte Opel 1936 einen Hubtransporter. Und der war für 3.750 Reichsmark auch auf dem freien Markt zu erwerben. Mit einer Nutzlast von drei Tonnen und zwei Metern Hubhöhe galt er seinerzeit als bahnbrechend. Herzstück war ein 1,5-Liter-Motor mit 37 PS/27 kW, wie er auch im Blitz Eintonner und im 1938er Olympia zum Einsatz kam. Sein Kraftstofftank fasste 30 Liter. Eigentlich sollte er mit höchstens bis zu 40 km/h gefahren werden, schaffte aber locker mehr. Gebaut wurden rund 300 Stück. 1940 verkaufte Opel die Produktion in Lizenz an einen anderen deutschen Fahrzeugbauer. Hauptabnehmer waren die Deutsche Reichsbahn und die Deutsche Post. Im Jahr 1976 waren noch rund 60 Opel Blitz-Hubtransporter im Einsatz. Ein Exemplar hat heute seinen Platz im Deutschen Landwirtschaftsmuseum in Hohenheim bei Stuttgart. Und Heinrich Müller ist Fahrzeug-Historikern bis heute als „Hubmüller“ ein Begriff.
Die ersten Opel-Motorräder: Motor trifft auf Zweirad
Fast vergessen ist auch, dass Opel Anfang des 20. Jahrhunderts auch erfolgreich in der Motorrad-Entwicklung mitmischte. Motorzweirad nannte Opel 1901 sein erstes Motorrad – das schmale hochbeinige Gefährt kann seine Abstammung vom Fahrrad kaum verleugnen. Aber bereits das Premieren-Modell zeichnete die Bauform vor, die sich in den Folgejahren durchsetzen sollte: Der Motor wurde in den Rahmen eingesetzt, das Hinterrad mit einem Riemen angetrieben. Mit 1 ¾ PS Leistung fuhr das Vehikel bis zu 40 km/h schnell. Und erzielte auf dem Markt gute Erfolge – weitere Modelle folgten. Das letzte Opel-Motorrad war die Motoclub 500, die von 1928 bis 1930 angeboten wurde. Obwohl sich moderne Prototypen in der Erprobung befanden, drängte der neue Hauptanteilseigner General Motors 1930 auf die Einstellung dieses Opel-Produktionszweigs.
Vorbild Motorwagen-Triebwerk: Mit Opel-Flugmotoren ab in die Lüfte
Das Jahr 1911 hält neben dem Motorpflug eine weitere Premiere bereit – den Opel-Flugmotor. Die Anforderungen an Flugmotoren in Bezug auf Zuverlässigkeit, Laufruhe und Leistung waren um 1910 enorm gestiegen. Eine Herausforderung, der sich die Rüsselsheimer Motorenbauer nur zu gern stellten. Der 65 PS starke wassergekühlte Opel-Vierzylinder ist mit rund 130 Kilogramm extrem leicht. Dabei basiert die technische Grundkonstruktion auf den Triebwerken der damaligen großen Opel-Motorwagen. Seinen ersten großen Auftritt absolviert das neue Aggregat auf dem Darmstädter Flughafen. Dem vom Flugpionier August Euler in einem Doppeldecker eigenen Fabrikats durchgeführte Jungfernflug eines Opel-Motors wohnen nicht nur die 71-jährige Sophie Opel und ihre fünf Söhne bei, sondern auch Prinz Heinrich von Preußen und Großherzog Ernst Ludwig zu Hessen. Auch sechszylindrige Flugmotoren werden später von Opel hergestellt. Dabei handelt es sich aber um Lizenzfertigungen während des Ersten Weltkriegs. Die Konstruktionen von Argus (Typ As III O) und BMW (Typ IIIa O) verraten durch den nachgestellten Buchstaben „O“ ihre Rüsselsheimer Herkunft. Kurz vor Kriegsende konstruieren die Opel-Spezialisten noch einen Neunzylinder-Flugmotor mit 200 PS, der zwar noch auf dem Prüfstand getestet wird, das Werk aber nie verlässt.
Nachrichten aus Rüsselsheim: Dem Weltgeschehen ganz nah
Während der Zeit der Weimarer Republik boomte die Filmbranche, Lichtspielhäuser schossen wie Pilze aus dem Boden, Millionen Menschen strömten in die Kinos. Nicht nur, um Spielfilme zu schauen, sondern auch, um sich in Wochenschauen über das Weltgeschehen, gesellschaftliche, kulturelle und sportliche Ereignisse zu informieren. Ab Mitte der 1920er-Jahre gab es die „Opel-Wochenschau“, eine Nachrichten-Zusammenstellung, gesponsert vom Automobilunternehmen aus Rüsselsheim. Einzelne Ausschnitte der „Opel-Wochenschau“ aus den Jahren 1926 und 1927 sind im Bundesarchiv in Koblenz archiviert. Zu sehen sind kurze Filmsequenzen über die Eröffnung der Zugspitzbahn, die 300-Jahr-Feierlichkeiten von New York, aber auch „Die Auffahrt der preisgekrönten Opelwagen“ in einem Blumenkorso in Frankfurt oder waghalsige Stunts mit Fahrzeugen, die das Opel-Logo tragen. Wie bei Wochenschauen zu dieser Zeit üblich, sind die Beiträge eine stumme Filmabfolge, dazwischen werden Tafeln mit Informationen eingeblendet. Was heute unspektakulär anmutet, war für die Zuschauer damals elektrisierend. Erstmals konnten sie mit eigenen Augen an Ereignissen aus aller Welt teilhaben.
Am Puls der Zeit war und ist Opel durch die Jahrzehnte hinweg auch mit vielen weiteren Entwicklungen jenseits des Automobils, die heute viele überraschen werden. Wer wissen will, womit das Unternehmen beispielsweise zum „Wohnungsausstatter“ wurde oder was Opel mit rasantem Wintersport zu tun hat – in Teil 2 der Mini-Serie zu den „verborgenen Schätzen aus dem Opel-Archiv“, der noch vor Weihnachten erscheint, finden sich weitere interessante Storys von Objekten, die zum Teil sogar Kultstatus erlangt haben – und heute in keinem Opel-Modell mehr fehlen dürfen.
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